Im Sommer begann die „heiße Phase“ der Kampagne. Nach einem Jahr Recherche wurde es nun ernst. Die Plakate mussten organisiert werden, die Installation in der Turmstraße, zahlreiche Kontakte, letzte Informationen usw. Erstmals gingen wir also an die Öffentlichkeit. Und schon in dieser Phase kam das erste Feedback, und zwar sehr negativer Art.
Nach der Eröffnung Mitte Oktober beschränkte sich die Ablehnung vor allem am Beschmieren der Opferliste und der Plakatinstallation im Schaufenster des Hertie-Hauses. Auch ein paar kritische E-Mails trafen bei uns ein, aber überwiegend waren die Reaktionen biste heute positiv.
Hier ein paar Beispiele aus den Mails:
Hallo, mit großer Betroffenheit habe ich die Liste der jüdischen Menschen gesehen, die in Moabit wohnhaft waren. Das Haus in dem ich heute wohne hatte mehrere jüdische Nachbarn. Bisher wusste ich dies nicht, eine Anfrage beim Hausbesitzer schon vor 15 Jahren, hatte leider kein Ergebnis gebracht. Ich möchte mich bei dieser Aktion engagieren.
Ich habe von Ihrer Plakataktion gehört und unsere Schule würde gerne Plakate im Foyer aushängen.
Hören Sie bitte auf, mich zu erinnern! Meine Großeltern wurden auch deportiert, und ich möchte das endlich vergessen und nicht ständig daran erinnert werden.
Vielen Dank für die Plakate und die wirklich gute Idee !
Wir würden sehr gerne ein Plakat in unserem Fenster aufhängen! Und freuen uns über diese Initiative.
Liebe Ausstellungsmacher/innen, da ich viele Jahre lang zu Bußtag Gedenkveranstaltungen u.a. über Stolpersteine gestaltet habe, bin ich sehr an der Kampagne interessiert.
Hotel: Wir möchten die Plakate im öffentlichen Bereich aufhängen um unser Gäste daran zu erinnern!
Ich hänge gerne 2 Plakate im Wartebereich meiner Praxis auf.
Ich möchte Ihnen sehr für Ihre Aktion danken und Sie zu Ihrer Plakataktion beglückwünschen. Immer wieder sehe ich in Moabit diese Hinweise, die immer wieder verschieden sind. Würde ich nur von EINEM Motiv angesprochen, würde ich irgendwann denken: Ach, schon wieder so ein Plakat. Aber so sind es immer wieder neue Informationen, und ich bleibe jedes Mal stehen, um es zu lesen.
Ich hoffe, dass ganz viele Moabiter sich von den Plakaten berühren lassen.
Ich war schon recht erstaunt und dachte immer ich bin die einzigste Exotin mit dem Thema „Deportierte Juden“ in unserem Kiez…
Ich wäre auch an einem kompletten Satz der Plakate interessiert, um sie bei geeigneter Gelegenheit komplett in unserem Gemeindehaus auszustellen.
Die Kampagne „Sie waren Nachbarn“ habe ich gerade im Internet gefunden und möchte Ihnen meinen Respekt und meine Hochachtung aussprechen. Ich selber verfolge zwar die Tagesnachrichten, habe aber bislang von der Kampagne noch nichts gehört.
Vielen Dank für Ihre Arbeit. Nähe herstellen ist doch eine sehr gute Form der Erinnerung. Erst durch sie, durch ihr Plakat bei Hertie habe ich erfahren, dass allein aus dem Haus in dem ich seit 29 Jahren wohne, drei Nachbarinnen verschleppt und ermordet wurden. Ich werde meinen Vermieter mal fragen, in welchen Wohnungen die drei gewohnt haben. Es macht mir Schuldgefühle, so lang nicht gefragt und darüber nachgedacht zu haben.
Sie können gern in der SpenderInnenliste meinen vollen Namen plus Funktion veröffentlichen. Großes Lob übrigens für die Transparenz zu SpenderInnen und Ausgaben, die durch die Webseite geschaffen wird!
Ihre Kampagne finde ich ganz großartig. Sie trifft einen ganz direkt, wenn man sieht wer alles aus dem eigenen Mietshaus deportiert wurde. Meine Nachbarn unterstützen die Kampagne und so hängt ein Poster in unserem Treppenhaus der Kirchstraße 25.
Ich fand heute in meinem Briefkasten Deinen Zettel mit dem Hinweis auf die Veranstaltung am 18. Oktober, um u.a. meiner ehemaligen Nachbarn, Juden wie ich auch, von denen ich bisher nichts gehört und geahnt habe, zu gedenken. Danke für die erleuchtenden Hinweise.
Es ist schon seltsam und dennoch schließt sich der Kreis. Die jetztigen Eigentümer des Hauses Rathenower Str. 42 – russische Juden aus Moskau, die in London und Tel Aviv leben – sowie ich als im Haus lebender Jude (dänische Wurzeln) bieten den lebenden Beweis, daß unser Leben nicht auszulöschen ist.
Das Schmerzlichste an unser Geschichte ist sicherlich immer noch für uns der Mangel an Plätzen unseres persönlichen Gedenken an unsere Familien. Meine Familie hat ebenso einige Menschen – u.a. in Auschwitz 7 Personen – gelassen. Feige ermordet von diesen Herrenmenschen!
Ich finde es an der Zeit, an unsere ermordeten Nachbar_innen in Moabit zuerinnern und würde mich freuen, wenn Ihr mir weitere Informationen senden würdet. Wenn ich etwas in irgendeiner Form dazu beitragen kann, tue ich das gerne. Allerdings nur, wenn auch der Nachbarinnen gedacht wird.
Danke für Ihre wichtigen Aktivitäten – ich unterstütze die Sache voll und ganz!
Eine Anregung: Im Zusammenhang mit den Deportationen und Nazi-Repressionen gegen Mitbürger_innen würde ich nicht von „Freitod“ sprechen, denn der gewählte Tod war alles andere als „frei“ – er war erpresst! Ein mögliches anderes Wort wäre „Selbsttötung“ oder vielleicht besser „Flucht in den Tod“ / „letzte Zufluchtssuche im Tod“ oder Ähnliches.